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Meine unglaubliche Reise zum AG Lübben (und wieder zurück)

Gestern stand ein Termin vor dem AG Lübben an. Und zwar um 11.30 Uhr, also zu keiner unchristlichen Zeit, wenn man von weiter her (ca. 245 km) anreisen muss. Der Diesel-Tank war gefüllt, es wurde pünktlich aufgestanden. Kein Problem.

Lesen Sie stichpunktartig, was dann geschah:

  • Wagen bei -15 Grad Celsius angelassen (problemlos), Scheiben- und Sitzheizung (isch habe Rücken) angeworfen und beim Verstauen meines Krams tuckeln lassen
  • nach ca. 3 Minuten geht der Motor aus
  • fünf, sechs Startversuche ergeben: Motor springt an, tuckelt ein wenig, nimmt aber kein Gas an, geht aus.
  • Motorkontrollleuchte ist an.
  • lautes Fluchen; eigene Diagnose: der getankte (Winter-) Diesel von der Markentankstelle im Tank ist offenbar nur noch ein Klumpen Gelee
  • die Zeit läuft!
  • meine bessere Hälfte aufgehalten, die mit den Kindern gerade zum Kindergarten bzw. selbst zur Arbeit fahren will.
  • kann den Kleinwagen (Benziner) heute nach Ablieferung bei Kindergarten im Nachbarort nutzen.
  • unterwegs die Idee, dass meine Mutter (wohnt ca. 200 m neben dem Kindergarten im Nachbarort) ihr Fahrzeug (ebenfalls Benziner) heute nicht unbedingt benötigen könnte
  • Anruf ergibt, dass ich dieses Auto (für Langstrecke etwas besser geeignet als der Kleinwagen) nutzen kann
  • am Kindergarten angekommen; die Zeit läuft!
  • ich renne humpele (Sie wissen: isch habe Rücken) mit meinen Klamotten zum Haus meiner Mutter. Die Robe flattert im Wind. So muss sich auch ein Le Mans-Start anfühlen
  • fahre das T-Car aus der Garage, Tank ist halbvoll. Das reicht bis Lübben! Die Zeit läuft!
  • mit zittrigen Fingern gebe ich die Adresse des Gerichts ins Navi des T-Car ein. Nach einigen Fehlversuchen geht es. Als Ankunftszeit wird überraschend 12.10 Uhr angezeigt. Es ist beim Navi standardmäßig „kürzeste Strecke“ eingestellt. Am Tag zuvor hatte ich online bei einem Routenplaner eine Fahrzeit von 2 Stunden 13 Minuten ermittelt. Das müsste gerade noch reichen.
  • ich breche den Versuch ab, „schnellste Strecke“ einzustellen, denn
  • das Hoftor lässt sich nicht öffnen, weil die Pflastersteine durch den Frost hochgekommen sind
  • Die Zeit läuft!
  • mit Kraftaufwand und Brechstange wird das Tor aufgehebelt
  • hoher Blutdruck und Rücken!
  • Start! Beim Losfahren schnell noch die Sitzheizung angeworfen. Sie erinnern sich: Isch habe Rücken!
  • auf der A 14 herrscht dichter Verkehr, auf der A 2 ebenfalls. Navi will mich dazu bewegen, endlich die kürzeste Strecke zu nehmen. Ich ignoriere das!
  • Die Zeit läuft!
  • Hinter Magdeburg wird die Bahn freier, die Geschwindigkeitsbegrenzung ist aufgehoben: Anblasen KaLeu! Der Kompressor drückt ordentlich was in den Motor…
  • ignoriere die Luftwirbel an den Außenspiegeln – Kondenzstreifen?
  • es geht voran, Navi will mich immer von der Autobahn in die Pampa lotsen.
  • auf dem südlichen Berliner Ring hat das Navi geschnallt, dass ich das nicht will und zeigt mir die vom Online-Routenplaner bekannte Strecke an. Das ist ab da wohl auch die kürzeste. Prognostizierte Ankunftszeit: 11.15 Uhr.
  • 11.12 Uhr: komme am AG Lübben an. Keine Parkplätze frei!
  • 11.15 Uhr: finde ca. 300 m entfernt vom Gericht einen Parkplatz
  • 11.20 Uhr: nach Ziehen eines Parkscheins und Fußmarsch zum Gericht (Rücken merke ich nicht mehr – Endorphine??) betrete ich das AG Lübben. Die Frisur sitzt. Vor dem Saal etwas hin und herlaufen.
  • 11.33 Uhr: mündliche Verhandlung wird eröffnet
  • 11.35 Uhr: ich beantrage den Erlass eines Versäumnisurteils, weil der Beklagte heute keinen Antrag stellen will
  • 11.36 Uhr: Verhandlung wird geschlossen, ich schlendere zurück zum T-Car
  •  nach einigen Telefonaten fahre ich durch Lübben zurück in Richtung Autobahn
  •  da ich noch tanken muss, halte ich bei einer Markentankstelle. Soweit ich sehen kann, sind alle Diesel-Zahpfsäulen außer Betrieb. Wahrscheinlich ist der tolle Winterdiesel von denen gleich in ihrer Tankstelle ausgeflockt. Für mein T-Car benötige ich heute aber Super. Der fließt aus der Zapfsäule.
  • auf dem weiteren Weg zur Autobahn komme ich bei einem Autohaus „meiner“ Marke vorbei. Ich frage dort nach einem Additiv für meinen Diesel. Seit gestern sei alles ausverkauft. Aha.
  • auf dem Weg nach Hause; es geht gut (und nun kraftstoffsparender) voran
  • bis zur Anschlusstelle Netzen – Stau wegen eines ausgebrannten Autos (hat vielleicht versucht, seinen Diesel-Tank wieder aufzutauen)
  • bei Magdeburg fahre ich nochmal in ein großes Autohaus „meiner Marke“. Wegen dem Additiv für meinen Diesel. Alles ausverkauft und zwar überall. Der Mitarbeiter dort teilt mir mit, dass auch schon andere Autohäuser bei ihnen angefragt hätten. Lieferung wahrscheinlich erst Ende der Woche. Aha.
  • auf meine Frage, ob ich mein Fahrzeug nun stehen lassen muss, bis der weiße Flieder wieder blüht, Schulterzucken. Ich soll das Auto für mindestens drei Stunden bei über 15 Grad plus wieder auftauen lassen und zu diesem Zweck in eine Garage fahren. Genialer Tipp vom Mitarbeiter: besonders gut würden sich die Tiefgaragen von Einkaufszentren anbieten. Da ist es immer warm. Da soll ich mein Auto mal reinfahren. Auf meinen Einwurf, dass mein Auto a) nicht fährt und b) das Einkaufszentrum vom jetzigen Standort ca. 40 km entfernt ist – Schulterzucken
  • irgendwann am Nachmittag: Ankunft im Büro
  • irgendwann am frühen Abend: Abgabe des T-Car und Besorgung eines Heizlüfters (vielleicht kann ich den Tank damit ein bißchen auftauen)
  •  zu Hause angekommen: fix und fertig

 

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Markentiger

17 Comments

  1. Tip: KFZ mittels Helfern / ADAC in ne Garage bugsieren / schieben. Beim Baumarkt nen Bautrockner leihen. Damit die Garage in ne Sauna verwandeln. Autot taut auf. Bein unter -20 flockt auch Winterdiesel und moderene CDI-Motoren vertragen kein Benzim im Diesel.

    • Vielen Dank für den Hinweis. Ich hatte jedoch vor, (unter Aufsicht) extern zu beheizen…

  2. Beileid. Um kurz nachzutreten: seltsamerweise springen im Süden Diesel-Motoren aus Italien auch bei – 20 an und laufen. Vielleicht ist hier das Diesel nicht so zäh.

    • Der Mann im Autohaus sagte mir, dass es diese Probleme mit dem Diesel in Deutschland erst gibt, seit da bis zu 7 % Biodiesel drin sind/ sein müssen….

  3. Dinge auf die man an der Uni einfach nicht vorbereitet wird… Mein Beileid!

    Mich würden zwei nicht genannte Parameter interessieren:

    Blutdruck und Streitwert?

    • Blutdruck kann nicht detailliert in Zahlen mitgeteilt werden. Streitwert: mehr als rechtsmittelfähig und weniger als Landgericht ;-)

  4. Haben Sie schon mal darueber nachgedacht, wieviel einfacher es gewesen waere, einen Kollegen vor Ort zu beauftragen, den Termin wahrzunehmen? Schon allein aus wirtschaftlichen Gruenden (240,80 EUR), senkt den Blutdruck, schont den Ruecken;-)

    Schoene Gruesse, Ilona Cosack

    P.S.: Es gibt einige Listen, wo Sie bereitwillige UV’s finden:
    http://www.abc-anwalt.de/wissenswertes/gewusst-wo.html und z.B. bei XING

    • Es gibt hin und wieder einen Grund, weshalb man keinen Terminsvertreter mit der Sache „belästigen“ möchte, sondern die Angelegenheit lieber selber macht. Der lag hier vor.

  5. Man könnte ja nun gemein sein und sagen: Hättste mal einen Terminsvertreter vor Ort genommen.
    :-)
    Sollte ein Witz sein.. Ich weiß, dass es viele Gründe gibt, weshalb man selber fährt.

  6. Die beste Geschichte, die ich bei JB seit langem gelesen habe. Toure ja auch ab und an abenteuerlich durch die Republik und kann das gut nachvollziehen. Fahre allerdings mit Super und ohne E 10- Sie wahrscheinlich demnächst auch

    • Nein, das ansonsten sehr zuverlässige Gefährt (es lag ja am Kraftstoff) sollte mich schon noch ein Weilchen begleiten.

  7. Habe sehr gelacht.
    Was sind die Reisen von Odyssee gegen dieses Erlebnis?
    Erreichet den Hof mit Müh´und Not…

    Doch dass Anwälte an kalten Wintertagen mit flatternden Roben draußen herumrennen, das ist mir neu.

    Ich dachte immer, ein Profi hat die Robe ordentlich zusammengefaltet in seinem Aktenkoffer.

    • Es gibt Profis, die falten oder quetschen die Robe nicht in viel zu enge Behältnisse ;-)

  8. Bei tiefen Temperaturen faellt das Wachs im Diesel aus. Es sind mehr als circa +5˚C noetig, um das Wachs wieder zu verfluessigen, so dass es wieder in Loesung gehen kann. Da das Problem (meistens nur) der Kraftstoffilter ist, genuegt oft heises Wasser auf dem Filter; beziehungsweise eine Filterheizung einbauen (gibt es zum Nachruesten). Diese Angaben gelten nur fuer Diesel aus Mineraloel, Biodiesel hat andere Parameter; prinzipiell sind die physikalischen Gegebenheiten die selben.
    Je nach Fahrzeug (muss man beim Hersteller abklaeren) kann man Benzin oder besser Petroleum (Kerosin) zusetzten, um das Problem zu eliminieren.
    Mit einer gewissen Haeme: es ist natuerlich schoen zu sehen, wenn die juristische Welt an dem selbstfabrizierten Schwachsinn eigener Gesetzgebung scheitert. Biodiesel ist kompletter Unfug, aus ethischen, technischen, Umwelt- und anderen Gruenden. Man sollte sich nicht beschweren, und schon garnicht wundern, wenn man in einer selbstfabrizierten Phantasiewelt abgehoben von der grausamen und harschen Realitaet der Physik lebt, weil man lieber dem Volk aufs (politische) Maul schaut beim Gesetze basteln, als sich an den Realitaeten zu orientieren. Dazu gehoert auch, dass aeltere (Diesel-)Fahrzeuge eher Benzin im Diesel vertragen; aber man wollte ja von Gesetz wegen unbedingt die Muellberge ins Unermessliche treiben, indem man alte Autos verschrottet. Alles hat halt so seine zwei Seiten, schade nur, dass all die neuen Autos nicht halb so viel besser fuer die Umwelt sind, wie immer behauptet. Naja, wenigsten sind dadurch die Schornsteine der Automobolindustrie am Rauchen geblieben. :-)

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