Gegenstandswert bei unberechtigter Nutzung eines Pixelio-Fotos/ Anwendung der MFM-Tabelle/ Geldersatzanspruch hinsichtlich der Abmahnkosten

In einem von mir für den Urheber  vor dem Amtsgericht Halle/ Saale zum Aktenzeichen 91 C 420/14 geführten Rechtsstreit wurde mit Urteil vom 03.02.2015 bestätigt, dass der Streitwert für die unberechtigte Nutzung eines Fotos aus der Pixelio-Datenbank mit 6.000,00 EUR anzusetzen ist. Konkret ging es um die Verwendung eines Lichtbildes auf einer Unternehmenswebseite, obwohl für die Aufnahme lediglich eine Lizenz zur rein redaktionellen Nutzung eingeräumt worden war. Auch war keine Urhebernennung oder Quellenangabe durch den Nutzer erfolgt.

Im Rahmen der Schadensschätzung zog das Gericht ferner als Grundlage die MFM-Tabelle heran.

Aus den Urteilsgründen:

„…

1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 225,00 € gemäß §§ 97 Abs. 2, 72 Abs. 1 und 2, 19 a UrhG zu. 

Ob der streitgegenständlichen Fotografie urheberrechtlicher Schutz als Lichtbildwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG zukommt, kann dahinstehen, da diese als einfaches Lichtbild jedenfalls dem Leistungsschutz nach § 72 UrhG unterfällt.

Der Kläger ist Urheber bzw. Lichtbildner des streitgegenständlichen Fotos, da er dieses selbst aufgenommen hat.

Der Beklagte hat die Fotografie unstreitig von der Internetplattform www.pixelio.de heruntergeladen und auf der Startseite der von ihm betriebenen Internetseite … eingestellt. Diese kommerzielle Nutzung verletzt das ausschließliche Recht des Klägers, das streitgegenständliche Foto öffentlich zugänglich machen zu können (§ 19 a UrhG). Selbst wenn man vom Zustandekommen eines wirksamen Lizenzvertrages zwischen den Parteien und von der wirksamen Einbeziehung sämtlicher Nutzungsbedingungen des Lizenzvertrages (des Lizenzvertrages für die rein redaktionelle Nutzung) ausgeht, so wäre die vom Beklagten tatsächlich vorgenommene Nutzung des Bildes durch diese Vertragsbedingungen nicht gedeckt.

 

Der aus Anl. K4 ersichtliche Lizenzvertrag gestattet – nach Auffassung des Gerichts eindeutig – nur die redaktionelle, nicht die kommerzielle Nutzung des streitgegenständlichen Bildes und die vom Beklagten praktizierte Nutzung auf der Startseite seiner kommerziellen Firma ist – nach Auffassung des Gerichts ebenso eindeutig – kommerzieller Natur. Die Eindeutigkeit der Unterscheidung zwischen redaktioneller Nutzung einerseits und kommerzieller Nutzung andererseits in den Nutzungsbedingungen von Pixelio folgt schon daraus, dass unter Ziffer 5 optisch durch Unterstreichung und Fettdruck besonders hervorgehoben der Lizenzvertrag für eine rein redaktionelle Nutzung einerseits sowie der Lizenzvertrag für eine redaktionelle und kommerzielle Nutzung andererseits alternativ gegenübergestellt sind.

 

Würde man – entgegen der Auffassung des Gerichts – von keiner klaren Unterscheidbarkeit dieser beiden Nutzungsarten ausgehen, so müsste von einer Teilnichtigkeit des beabsichtigten Lizenzvertrages ausgegangen werden, die zur Unwirksamkeit des gesamten Rechtsgeschäfts führt (§ 139 BGB). Denn offenkundig würden Nutzer, die sich für den Lizenzvertrag für die rein redaktionelle Nutzung entscheiden, einen solchen Vertrag nicht abschließen, wenn ihnen klar wäre, dass sie damit einen Zahlungsanspruch der Gegenseite begründen oder auch nur möglicherweise begründen. Beide Rechtsauffassungen – Zustandekommen eines Lizenzvertrages für die rein redaktionelle Nutzung entsprechend den Vertragsbedingungen gemäß Anl. K4 einerseits und Nichtigkeit des beabsichtigten Vertrages andererseits – führen zu dem Ergebnis, dass die vom Beklagten praktizierte Nutzung nicht von der Einwilligung des Klägers gedeckt sein konnte. Die von dem Beklagten praktizierte Nutzung war daher rechtswidrig.

 

Der Beklagte hätte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt diese Rechtswidrigkeit auch erkennen können. Soweit der Beklagte – zuletzt mit dem nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 04.02.2015 – die in Anl. K2 enthaltenen Passagen auf der Internetseite von Pixelio für eine bewusste Irreführung der Nutzer hält, die bereits in der Absicht zur Generierung von Schadensersatzansprüchen verfasst worden sei, folgt das Gericht dieser Auffassung nicht.

 

Die zitierten Formulierungen „………“ machen ausreichend deutlich, dass die kostenlose Verwendung der Bilder gerade nicht bedingungslos möglich ist, sondern eben nur im Rahmen der Nutzungsbedingungen. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt hätte daher geboten, diese Bedingungen zu lesen. Dabei wäre selbst einem flüchtigen Leser die grundsätzliche und durch Fettdruck hervorgehobene Unterscheidung zwischen kommerzieller und nicht kommerzieller Nutzung aufgefallen. Der vom Beklagten vorgenommene rechtswidrige Eingriff in die Rechte des Klägers aus § 19 a UrhG an dem streitgegenständlichen Bild ist daher fahrlässig und somit schuldhaft im Sinne von § 97 UrhG erfolgt.

 

Der Höhe nach steht dem Kläger ein Schadensersatzbetrag in Höhe von 225,00 € zu.

Die von dem Kläger zur Bemessung seines Schadensersatzanspruches herangezogenen Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing stellt eine hinreichende Grundlage für die richterliche Schadensschätzung dar. Die MFM-Tabelle für 2013 enthält im Abschnitt „Online-Nutzungen, Internet, Webdesign, Pop-Ups, Online-Shops (Werbung/PR/Corporate Publishing)“ Honorarsätze für die Nutzung von Lichtbildern im Rahmen gewerblicher Internetpräsentationen. Danach beträgt der Tarif für die Nutzung auf einer Homepage für die Dauer von bis zu drei Monaten 225,00 €.

 

Bei der Verwendung des Lichtbildes „…“ durch den Beklagten ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich dabei nicht lediglich um einen Schnappschuss handelt, sondern um eine Fotografie, die nachträglich am Computer bearbeitet worden ist. Die Zeugin … hat bestätigt, dass eine Überarbeitung durch den Kläger erfolgt ist. Weiterhin hat der Beklagte das Bild unstreitig mindestens über einen Zeitraum von drei Monaten kommerziell genutzt, ohne dabei den Urheber und bzw. die Bildquelle zu nennen. Das Gericht hält daher den vom Kläger zugrunde gelegten Betrag in Höhe von 225,00 € für angemessen.

 

2. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Aufwendungen gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 a.F. UrhG in Höhe der geltend gemachten 480,20 € zu. Eine „Deckelung“ der Abmahnkosten der Höhe nach gem. § 97 Abs. 2 a.F. kommt nicht in Betracht, weil die in Rede stehende Rechtsverletzung nicht „außerhalb des geschäftlichen Verkehrs“ erfolgt ist. Der Kläger war berechtigt, Rechtsanwaltsgebühren für die vorgerichtliche Geltendmachung seines Unterlassungsanspruchs nach einem Gegenstandswert von 6.000 € geltend zu machen. Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Abmahnung bestehen nicht. Sie bezeichnet das beanstandete Verhalten – Nutzung des Bildes „…“ auf der Startseite der Internetseite des Beklagten entgegen den Nutzungsbedingungen von PIXELIO – hinreichend genau.

 

Dass der Kläger die Anwaltskosten nicht gezahlt hat, ist für die Geltendmachung des Zahlungsanspruches unbeachtlich. Der Anspruch auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten ist nach § 250 Abs. 2 BGB auch ohne weitere Fristsetzung in einen Geldersatzanspruch übergegangen, da der Beklagte eindeutig die Zahlung verweigert hat (Palandt, 73. Aufl. § 250 Rn. 2). Er hat mit seinem Schreiben vom 07.10.2013 eine Zahlung strikt abgelehnt.

Der Kläger hat in der Klageschrift zudem den Honoraranspruch dargelegt. Eine Rechnungserstellung nach § 10 RVG ist nicht erforderlich, da diese Regelung nur im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant gilt.

…“

Abmahnung MFM-Tabelle Gegenstandswert Schadensersatz Fotorecht

Urheberrechtliche Abmahnungen sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden

 

Der Beklagte legte gegen dieses Urteil des Amtsgerichts Halle Berufung ein.

In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Halle am 29.10.2015 (Aktenzeichen 4 S 2/15) nahm dieser nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Berufung jedoch zurück.

 

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